17. Juli 2022

Zurück in die Zukunft

Die Nachricht des Tages: Der russische Vertei­digungs­minister Schoigu hat seinen Befehls­habern vor Ort mitge­teilt, dass in der Ukraine ein schnelleres und umfas­senderes Vorgehen erfor­derlich ist. Das Timing ist episch: Am 17. Juli 1942 begann die Schlacht um Stalin­grad, eines der größten Gefechte der Geschichte und aus russischer Sicht die wichtigste Etappe des Großen Vater­ländi­schen Krieges. Mehr als 3 Millionen Soldaten und Offiziere lieferten sich tödliche Gefechte. Die Schlacht war der Wende­punkt des Zweiten Weltkriegs, an dem die strate­gische Initiative an die Rote Armee überging.

Dann stellen wir uns mal auf eine Sport­palas­trede 2.0 ein. Wollen wir den totalen Unter­gang? „Europa kann keinen Winter überleben. Die Erdgas­krise in Europa könnte nicht erst im Winter oder im Oktober beginnen, sondern schon im Juli oder August 2022“, schreibt achgut. Oder wollen wir nicht eher nur roboter­haft auf der „richtigen“ Seite stehen? Ist überhaupt noch ein Antrieb vorhanden, etwas zu wollen? Derweil wir im Westen mit existenziellen Fragen im eigenen Saft schmoren, baut der Osten sowohl an einer neuen Ordnung, die zeitlose Gesetzmäßigkeiten der Schöpfung respektiert, als auch an neuen Strukturen, die sich in einem Rückgriff auf Bewährtes am Prinzip der Seidenstraße orientieren – zurück in die Zukunft.

Putin auf Reisen
Am 19. Juli reist Putin nach Teheran, um seinen iranischen und türkischen Amts­­kollegen zu treffen. Damaskus, Moskau und Teheran miss­billigen den türkischen Vorstoß gegen Kurden in Syrien als poten­ziell desta­bilisie­rend, aber Erdogan hält die Pläne in einem Schwebe­zustand, während er die Droh-Rhetorik herunter­schraubt. Wichtiger als die Kurden-Frage sind Putins bilaterale Treffen mit Erdogan und der iranischen Führung. Die Türkei und der Iran entwickeln sich zu zwei wichtigen Partnern der russischen Außen­politik und Diplomatie. Und Putins Besuch fällt in eine Zeit, in der sich die Haltung der USA gegen­über der Türkei und dem Iran stark verändert.

PDF: Russlands Beziehungen zu Türkei und Iran


Biden zu Besuch bei MBS
Der US-Präsi­denten­darsteller absol­vierte seinen ersten Besuch im Nahen Osten während einer vier­tägigen Reise, die in Israel begann und in Saudi-Arabien endete. Selbst aus der Bericht­erstattung der US-Medien ging hervor, dass Bidens oberste Priorität darin bestand, die arabischen Golf­staaten zu erhöhter Ölförderung zu überreden, um die Auswir­kungen des USA-geführten NATO-Stell­vertre­terkriegs gegen Russland zu verringern.

PDF: Tour de Farce durch Nahost


Rasante Integration eurasi­scher Handels­wege
Pepe Escobar: Der Grund für die der­zeitige Beschleu­nigung liegt im jüngsten Besuch des russischen Präsi­denten Wladimir Putin in Asch­gabat, der Hauptstadt Turkme­nistans, anlässlich des sechsten Kaspischen Gipfels. Bei diesem Ereignis wurde nicht nur die strate­gische Partner­schaft zwischen Russland und dem Iran vertieft, sondern alle fünf Anrainer­staaten des Kaspischen Meeres kamen überein, dass keine NATO-Kriegs­schiffe oder -Stützpunkte vor Ort zugelassen werden sollen.<

PDF: Eurasische Korridorkriege


Krokodilstränen um zerplatzte Illusionen
Der Bundes-Scholz sagte, die russische Invasion in der Ukraine habe Illusi­onen zerstört, die seit dem Ende des Kalten Krieges gegolten (?) hätten. Der Impe­rialist Putin habe nun die Hoffnungen der Welt auf Fort­schritt durch die Ent­milita­risie­rungs-Kampagne in der Ukraine zunichte gemacht. Zur Ent­nazifi­zierung äußert sich Scholz nicht, dafür fantasiert er von einer bisherigen sanfteren Welt­ordnung, in der ihm wohl entgangen ist, wie viele Menschen darin vom wenig sanft­mütigen Hegemon USA brutal über den Tisch gezogen oder ermordet wurden. Phil Butler trocknet keine Tränen, nimmt aber den Jammer auseinander.

PDF: Ruinierter Fortschrittstraum


Will Deutschland überleben?
Ein Rückblick auf die Wurzeln der Raub­­ritter, dem Bündnis aus Vatikan-Adel-Hochfinanz. Aus dieser Sicht stehen die brutalen Barbaren vor den Toren Russ­lands in der Ukraine, wo ihre Vor­herr­schaft ein Ende finden wird. Ein Satz lässt aufhorchen: „Die EU bricht zusam­men und es ist offen­­sichtlich, dass zumindest Länder wie Serbien, Ungarn und Deutsch­­land, wenn es überleben will, den BRICS beitreten werden.“

PDF: In die Hölle oder nicht


Schuldenfalle und Terrorismus
Der Inselstaat Sri Lanka vor der Haustür Indiens ist in ein wirt­­schaft­liches und nun auch politisches Chaos geraten, das inter­national für Schlag­zeilen sorgte, wahr­scheinlich wegen der fröhlichen Präsi­denten­verscheu­chung und Beschlag­nahme seines präsidialen Pools. Abgesehen von dieser basis­demo­kratischen Sause hat das Land ernsthafte Probleme, deren Hinter­gründe Brian Berletic analysiert.

PDF: Wurzeln der Krise in Sri Lanka


Licht aus in Pakistan?
Pakistan wollte 10 LNG-Ladungen auf dem Spotmarkt kaufen, die von Juli bis September geliefert werden sollten; die Aus­schreibung für immerhin 1 Milliarde USD endete jedoch erfolglos. Was noch verfügbar ist, wird – zu höheren Preisen – nach Europa umgelenkt. Russland könnte als hilf­reicher Geschäfts­partner einspringen.

PDF: Energiekrise in Pakistan


Literarischer Optimierungs­leitfaden für Banderisten
Dostojewskis Werk Auf­zeich­nungen aus dem Keller­loch versteht die Ukrainer noch besser, als sie sich selbst verstehen, schreibt Declan Hayes. Im Charakter des Mannes aus dem Keller lässt Dosto­jewski einen unsicheren, selbst­bewussten Ego­manen gegen sich selbst, die Gesell­schaft und die unver­änder­lichen Natur­gesetze, die er verachtet, aber nicht ändern kann, wüten und macht daraus große und ewige Literatur. Warum können die ukrai­nischen Banderisten nicht auch ihr eigenes misan­thro­pisches und selbst­verach­tendes Ich in ähnliche geniale Werke ver­wandeln? Was haben Dosto­jewski und die anderen Größen Europas, was die Banderisten nicht haben?

PDF: Aufzeichnungen aus dem ukrainischen Kellerloch