28. Juli 2022

Staatsversagen voraus

Die WELT zitierte am 26. Juli 2022 eine Berliner Verwal­tungs­fach­kraft: „Wir stehen kurz vor dem Staats­versagen.“ Und dabei wollen wir nicht stören. Her mit dem Popcorn, der Film wird immer span­nender: Nordstream 2 ist einsatz­bereit und kann den Energie­bedarf von ganz Europa decken. Der russische Außen­minister Lawrow bestä­tigt, dass die Pipeline nur aus politischen Gründen blockiert wird. Für den Turbinator Habeck käme die Nutzung von Nord­stream 2 einer Kapitu­lation gleich, wie er selbst sagte. Nur zu, das kennen wir schon. Diktatoren wird man erst los, wenn a) nichts mehr zu holen ist und b) alles in Trümmern liegt und c) die Russen kommen. Thomas Röper hat ein paar wichtige Klar­stellungen zum Gas-Thema übersetzt, unter anderem auch Putin im O-Ton.

Während die Europäer sich mit tägli­chem Wort­geklin­gel ihres Endsieges verge­wissern, sprechen die Reali­täten eine ganz andere Sprache: Eine Kette von Ereig­nissen, die durch die Politik der USA ausge­löst wurde, wie die NATO-Osterweiterung zur Einkrei­sung Russlands, Erhalt der Kontrolle über Europa etc. förderte am Ende nicht nur Russlands Wirtschaft, sondern gab der neuen multipolaren Welt­ordnung einen kraft­vollen Ent­wick­lungs­schub.

PDF: Gaskrise in Europa ist hausgemacht

Nicht nur Berlin kriegt außer Ver­bun­tungs-Flagge und Staats­versagen nichts mehr auf die Reihe. Auch Italien implodiert im Zeitlupen­tempo, derweil die klügsten Ratten vom sinkenden Schiff hechten und gen Fluchtlinie eilen.

PDF: Wie Mario Draghi Italien ruinierte


EU/NATO-Marginalien
Neues vom Außen-Lemming Borrell – er ist am Hadern mit dem grimmen Geschick: „Lawrow reist nach Afrika, um zu sagen, dass die europä­ischen Sankti­onen schuld an dem Problem sind, und die gesamte westliche Presse wiederholt dies. Ich gehe nach Afrika, um das Gegen­teil zu sagen, und niemand nimmt es auf.“

Im wirbelnden Reigen der Abson­der­lichkeiten drehte auch der britische Telegraph ein Pirouettchen und berichtete von einer Anschluss­verwen­dung für BoJo: Ukrainische und Tory-Abgeordnete unterstützen Johnsons mögliche Kandidatur für das NATO-General­sekre­tariat. Skeptiker meinen zwar, dass der britische Gaukler wohl ein Veto aus Frankreich kassieren würde, aber die USA könnten Johnson aufgrund ihres Misstrauens gegenüber EU-Geschöpfen befürworten.


US- und UK-Linke in erbärm­lichem Zustand
Auch Martin Jay erkennt in den Ereig­nissen eine ganz neue Morgen­dämme­rung und den Nieder­gang der US-Hegemo­nie. Er berichtet von Bidens ergebnis­losem Canossa-Trip nach Dschidda. Die USA sind jetzt nicht mehr der Big Daddy und Sicher­heits­garant, sondern lediglich ein Kunde, der Öl zum richtigen Preis braucht. Das West-Bestreben, Putin zu stürzen, macht die Führer der Golf-Staaten nervös und bringt sie in eine unan­geneh­me Lage, denn sie sind an Handels­beziehun­gen mit dem Iran interes­siert. Dort offen­baren sich durch das Abkommen von Teheran und Moskau viel­verspre­chende Zukunfts­perspek­tiven, mit denen die USA nicht auf­warten können.

PDF: Linke und ihr Sanktions-Bumerang


Wunderwaffen-Marketing
Die Krise in Osteuropa ist ein echter Geld­bringer. Die absatz­fördernde HIMARS-Werbe­kam­pagne ist gut für die Aktien­kurse und die Öffent­lich­keitsarbeit. Ein Blick in das Sumpf-Biotop politischer Insider-Geschäfte: „Wir sprechen von einem Netz­werk für Tod und Zerstö­rung, Profit und Schmerz; wir Ameri­kaner wissen, wie man Geschäfte macht.“

PDF: Ukraine jetzt bewaffnen


Wie konnten wir in diesen Wahn­sinn geraten?
Der „verfrühte Trium­­phalis­mus“ nach dem Kalten Krieg erschwer­te es, das ideolo­­gische Muster von „Gut und Böse“ aufrecht­zu­erhalten. Das Feindbild kam ab­handen. Da der Libera­lismus jeden Wett­bewerb um die Vor­herrschaft aus­schaltete, konnte sich der mentale Nebel der Ideologie lichten und ermög­lichte die Rückkehr von Parti­kularität, Ver­wur­zelung und Zivilisation. Es wird einer langen Kathar­sis bedürfen, um Europa von seinen Illu­sionen der Überle­genheit zu befreien – so wie sie vom Nicht-Westen wahr­genom­men werden. Was kommt als Nächstes?

PDF: Illusionen westlicher Überlegenheit


Der große Fortschritts-Mythos
Das Weltsystem, das wir heute kennen, entstand zwischen 1350 bis 1650. Wir verstehen dies als eine Zeit, in der die Welt aus dem „fin­steren Mittelalter“ in die Renais­sance eintrat, als sich das Licht durch­setzte. In Wahrheit war es eine Zeit bei­spiel­loser Gewalt in Europa, von Kriegen in allen Teilen der Welt, die im Völker­mord an den Urein­wohnern Amerikas gipfelten. „ … Warum erscheint die frühe Neuzeit als das neue Zeitalter des Fortschritts und des Humanismus? Der Grund für die Pflege dieses Mythos liegt auf der Hand: Er ist ent­scheidend für die Darstel­lung des Westens als Träger des Fortschritts in der Geschichte der Mensch­heit. Aber was wäre, wenn unser gegen­wärtiges System in Wirk­lich­keit auf einem Alptraum aufge­baut wäre, der aus nackter Gewalt und schierer Ver­zweif­lung geboren wurde? Was, wenn die Zivili­sation keinen Fort­schritt gemacht, sondern statt­dessen die Barbarei syste­matisiert hat?“

PDF: Schaffung des Kapitalozäns


Was wurde aus dem Aufstieg des Teller­wäschers?
Die Realität sieht so aus, dass Chancen und ein Weg zum Reichtum heute nur noch für die gut Vernetzten bestehen, wobei nur wenige der brillanten, fleißigen und gut ausge­bildeten Menschen jemals zu Reichtum oder Ruhm gelangen. Aber die meisten Amerikaner glauben immer noch, dass diese Ziele tatsäch­lich erreich­bar sind. Einst galt der Grundsatz, dass eine steigende Flut alle Boote anhebt, doch in den letzten 50 Jahren erfasste der Hub nur die Luxus­­jachten, wobei das oberste Ein­prozent den größten Teil des Einkom­mens und des Vermögens an sich gerissen hat, während die Mittelschicht kontinu­ierlich an Boden verlor und praktisch ausge­weidet wurde. Mit der zuneh­menden Finanzi­alisierung und Deindus­triali­sierung der US-Wirtschaft, mit der Fed, die immer wieder Aufschwünge und Zusam­men­brüche herbeiführt, die jeweils mit einem massiven Vermö­gens­transfer einhergehen, ist der Weg zum Reichtum für den Durch­schnitts­bürger in der Tat ein wenig wahr­schein­licher Aufstieg geworden.

PDF: Der amerikanische Traum


Eine neue Vision für Europa
Fast tausend Jahre westlicher Imperialismus gehen einem be­schämenden und selbst verschuldeten Tod entgegen. Was der Anglo-Westen daraus macht, ist seine Sache. Das westliche Europa hat ganz andere Optionen, es ist kein geographischer Kontinent, sondern nur ein ideologisches Konstrukt. Es könnte sich binnen Kürze neu sortieren – in acht Regionen nach gemeinsamen Sprach- und Kulturräumen.

PDF: Zukunftsvorschlag für Europa


Anhaltende Wühl­tätig­keit gegen Russland
Neben dem NATO-Krieg in der Ukraine gibt es noch eine zweite Front: Um den US-Einfluss in Armenien gegen Russland zu verstärken, unter anderem durch die Schaffung einer kontrol­lierten „fünften Kolonne“, kündigten die Amerikaner die Bereit­stellung von 585.000 Dollar für ein Aus­bildungs­programm für 60 Studenten und Absol­venten von Bildungs­einrich­tungen aus Armenien, Aser­baidschan und Georgien an.

PDF: USA unterwandern Armenien


Landmacht gegen Seemacht
Da die Ukraine nur eine von meh­reren NATO-Fronten ist, bringt ein Sieg in der Ukraine nichts, wenn nicht auch die wirt­­schaft­lichen und kultu­rellen Kriege Russlands gewonnen werden. All diese ver­schie­denen Fronten sind am Ende des Tages eine einzige. Declan Hayes behan­delt den Kulturkrieg – Verbot von Kinderbüchern! – und schaut sich Sanktions­möglich­keiten der Seemächte an. Die Anglo-Piraten kontrol­lieren die Schiffs­zertifi­zierung sowie einen Groß­teil der Rück­ver­siche­rungs­branche, also plant die NATO, russischen Schiffen oder den­jenigen, die mit ihnen Handel treiben, sowohl die Versiche­rung als auch die Rück­versiche­rung zu ver­weigern, indem sie ihnen die erfor­derliche Zertifi­zierung nicht erteilt.

PDF: Fortsetzung des Großen Vaterländischen Krieges


Neue Allianz könnte das Kräfteverhältnis verschieben
Der palästinensische Journalist und Schriftsteller Abdel Bari Atwan beschreibt die sechs Errun­gen­schaf­ten der Begeg­nung von Putin und Khamenei. Letzt­endlich war es ein histo­rischer Besuch, der eine russisch-iranische Allianz begründete, die zur Entstehung einer neuen Achse führen wird. Sie könnte die Zukunft West- und Zentral­asiens sowie die Zukunft von Krieg und Frieden bestimmen – insbesondere als Erweiterung der beste­henden iranisch-chine­sischen strate­gischen Allianz.

PDF: Russisch-iranische Allianz


Eine ausführ­liche Würdi­gung des Teheran-Gipfels
Putins Reise nach Teheran in der vergan­genen Woche ist von einzig­artiger Bedeutung. Und es ist eine große Sache, die unsere Auf­merk­samkeit verdient. Es ist ein weiterer, ein bedeu­­tender Schritt beim Aufbau der diplo­matischen, politischen und wirt­schaft­lichen Infra­struktur. Wir werden Zeuge, wie die neue Welt­ordnung, die viele von uns erwarten, aufgebaut wird.

PDF: Ordnung des 21. Jahrhunderts


USrael unter Bedrohnung
Israel wird sich den Gasklau bei seinen Nachbarn künftig überlegen müssen, diese setzen jetzt Drohnen aus eigener Produktion ein. Die Zeit der dreisten Landnahme durch militante jüdische Siedler dürfte sich auch dem Ende zuneigen: Denn wie wird der nächste Krieg über dem israe­lischen Luftraum aussehen, wenn die Fronten mit Syrien, dem Libanon, dem Gazastreifen – ja, sogar mit dem Irak, Iran und Jemen – gemeinsam aktiviert werden?

PDF: Drohnen der Hisbollah