Terry M. Boardman, britischer Historiker und Anthroposoph, studierte Geschichte an der Manchester University. Er hat zehn Jahre lang in Japan gelebt und gearbeitet und ist derzeit in den West Midlands, UK, tätig, wo er Englisch als Zweitsprache unterrichtet. Außerdem ist er Dozent und Autor.
2019 schrieb er einen inhaltsreichen Dreiteiler über den „Brexit als spirituelle Frage“:
1. Warum die EU für Europa falsch ist
Der Brexit ist nicht nur eine wirtschaftliche und politische Angelegenheit, sondern auch ein spirituelles und kulturelles Thema unserer Zeit, denn die EU ist ein Konstrukt, das den wesentlichen geistigen Impulsen der Neuzeit widerspricht, die mit dem 15. Jahrhundert begann.
Terry gibt einen kurzen Überblick über die die britische Geschichte und die Idee der „Vereinigten Staaten von Europa unter der Kontrolle der USA“, an der sich die Entwicklung der EU orientierte. Er stellt fest: „Je tiefer man in das EU-Projekt hineinschaut, desto deutlicher sieht man, dass es nichts mit Demokratie zu tun hat, sondern mit den Machenschaften von geheimen Eliten und ihrer Obsession, ihren Traum eines europäischen Einheitsstaates zu verwirklichen. Träumte Napoleon noch von einem französischen Europa, ist der Traum der Eurokraten der eines amerikanischen Europas.“
2. Die kontinentale/katholische Dimension
Im zweiten Teil betrachtet Terry die zwei Geistesströmungen des alten Rom:
Den römisch-republikanischen Geist, der die neue und vorgesehene Entwicklung in sich trug; aus der alten stammes- und klassenbasierten Gesellschaft hin zum persönlichen Leben von Individuen, die imstande waren, selbst zu denken, zur Persönlichkeit an sich in Gesetz und Kunst.
Das andere Element war der ältere kulturelle und religiöse Geist Asiens, der sich zunehmend mit dem Römischen Reich verband und der in der Periode wurzelte, die der griechisch-römischen vorausging (die Zeit vor dem 8. Jahrhundert v.C.).
Wir bekommen detaillierte Einblicke in die Strukturen, Zirkel und Grüppchen, die an der römischen EU werkeln. Diese EU ist konzipiert als effizientere Version des Heiligen Römischen Reiches, das sowohl ‚populistische‘ Protestanten als auch ‚ketzerische‘ Orthodoxe als Gegner ansah, und das letztlich von einem einzigen Präsidenten regiert werden soll, der spirituell vom Papst ‚unterstützt’ wird, so wie im Mittelalter, als das Heilige Römische Reich zwei Köpfe hatte – den Kaiser und den Papst.
3. Eine persönliche Sicht
Hier beschreibt Terry die Perspektive der EU aus anthroposophischer Sicht: Die EU kann den Europäern ‚Freiheit, Frieden und Wohlstand’ nicht von außen bringen; nur die Europäer selbst können durch ihre eigenen Erfahrungen und Anstrengungen solche Qualitäten in sich und untereinander hervorbringen, wenn sie erkennen, wie die drei Elemente Geistesleben, Rechtsleben und Wirtschaftsleben, in ihnen als Individuen in Europa und untereinander leben. Die drei zusammengesetzten Könige der EU, der USA und der Volksrepublik China werden zwangsläufig fallen, sehr wahrscheinlich in diesem Jahrhundert Mit ihnen wird wahrscheinlich auch das Vereinigte Königreich fallen, das künstliche Konstrukt, das erst 1801 während des Krieges gegen Napoleons Frankreich geschaffen wurde und das seit dem späten 20. Jahrhundert oft “UK plc” (public limited company, „GmbH“) genannt wird – die Nation betrachtet es als wirtschaftliches Konzerngebilde, das sich in permanentem Konkurrenzkampf mit anderen GmbHs befindet.
Terry Boardman: Brexit als spirituelle Frage (PDF)